Werra

Durch drei Bundesländer und entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze fließt die Werra auf der Tour von Breitungen bis zum Weserstein in Hann. Münden. Auf dieser Strecke ist Langeweile defintiv nicht im Kajak-Gepäck. Zwar hat der Fluss auch einige böse Überraschungen parat, doch einfach kann ja schließlich jeder!

Streckenlänge: 180 Kilometer
Schwierigkeitsstufe: mittel bis schwer

Erst Strandbad, dann Fluss-Verstopfung

Ein gut geeigneter Startpunkt für einen Kajak-Trip auf der Werra ist das Strandbad mit Campingplatz in Breitungen. Nur zehn Minuten Fußweg entfernt liegt der Bahnhof, an dem wir später zurückkehren, um das Auto nachzuholen. Auf der großzügigen Wiese des Platzes verbringen wir die erste Nacht, um am nächsten Morgen erholt zeitig zu starten. Am Einlass herrscht starke Strömung, sodass direkt die Armmuskeln und viel Geschick gefragt sind, um nicht direkt im ersten Busch zu landen. Der erste Vorgeschmack für eine Tagestour, die wir nicht mehr vergessen werden. 

Für unsere erste Tagesetappe haben wir uns zuegegeben viel vorgenommen. 50 Kilometer und sieben Wehre liegen vor uns. Die Strömung bis zur ersten Staustufe Allendorf trägt uns rasch voran und stimmt uns optimistisch, doch der Schein sollte trügen. Vorbei an Bad Salzungen nimmt die Fließgeschwindigkeit kontinuierlich ab, vor Tiefenort taucht plötzlich ein scheinbar unüberwindbares Wirrwarr an umgefallenen Bäumen, Ästen und Müll vor uns auf: Zehn Meter Fluss-Verstopfung und rechts und links keine Chance für eine Umtragung; dort warten steile Böschungen mit Dornen und Brennnesseln auf mutige Paddler mit leeren Booten. So kämpfen wir uns mit unseren vollgepackten Kähnen Zentimeter für Zentimeter durch das Gewühl - nach einer Dreiviertelstunde und mehreren Fast-Kenterungen haben wir wieder freie Fahrt. Das Wehr in Tiefenort trägt mit seiner 400 Meter langen Umtragung nicht für eine Verbesserung der Stimmung bei. Bei Merkers sorgt die Gefällstrecke mit 100 Meter Wildwasser für eine anspruchsvolle, aber willkommene Abwechslung. Die Stelle kann allerdings auch umtragen werden.

Die Hänge entlang des Werratals werden steiler, doch an diesem Tag bleibt uns zum Genießen nur wenig Zeit. Das Wehr bei Philippsthal lässt sich gut umtragen, in Heimboldshausen ist die Staustufe ebenfalls schnell genommen, doch bei Lengers führt lediglich ein schmaler Trampelpfad durch hohes Schilf am Wehr vorbei. Inzwischen ist die Sonne fast untergegangen und der Campingplatz in Heringen, der vom Wasser aus 1,5 Kilometer entfernt liegt, ist nicht mehr erreichbar. Schweren Herzens und gänzlich erschöpft schlagen wir schon im Angesicht der Sterne an einer Anglerstelle unser Lager auf. Keine Glanzstunde meiner Tourenplanung, aber hier kaum besser durchführbar - zwischen Heringen und Breitungen gibt es keine weitere Campingmöglichkeit.

Akkus aufladen im Berka-Camp

Am nächsten Tag passieren wir den "Monte Kali", einen großen Salzberg von K+S, von wo aus Wasser in die Werra geleitet wird. Hält man den Finger in den Fluss und nimmt ein Probe, werden die Geschmacksnerven direkt an die Nordsee erinnert. Auch die Ufer riechen plötzlich muffig.
Vorbei an Widdershausen (Wehr) und Dankmershausen ist es nicht weit bis Berka. Das dortige Freizeitcamp mit superfreundlichem Eigentümer erreichen wir bereits nach zehn Kilometern am frühen Nachmittag und haben ausreichend Zeit, um beim nahen Supermarkt unsere Vorräte aufzufüllen, frisches Grillfleisch zu besorgen und unsere leeren Akkus wieder aufzuladen. Zelten dürfen wir auf dem Rasen, der offenbar auch als Volleyballfeld genutzt wird.

Das Schlimmste ist überstanden

Von nun an wird es von Tag zu Tag schöner, die Umtragestellen werden weniger oder sind besser ausgebaut - Öl für unsere geschundeten Arm-Motoren. 33 Kilometer geht es mitsamt der wechselnden Werra-Strömung zunächst bis nach Creuzburg. Unterwegs passieren wir die beeindruckende Autobahnbrücke bei Hörschel. Der Creuzburger Campingplatz liegt zwar 500 Meter von der Ausstiegsstelle entfernt, ist allerdings sehr ruhig und auch der nächste Supermarkt ist nicht weit. Frischen Brötchen am nächsten Morgen steht nichts mehr im Wege.  

Wir legen wieder eine entspannte Zwischenetappe ein, paddeln 13 Kilometer bis nach Ebenshausen, wo wir auf dem Naturcampingplatz nächtigen - Achtung, nur Regenwasser-Dusche, aber sonsten sehr zu empfehlen!

Auf nach Woodstock

Am fünften Tag haben wir 23 Kilometer vor uns. Besonders der erste Abschnitt bis Falken lässt einen kurz vermuten, man paddle nicht in Mitteldeutschland, sondern im Hochgebirge - die Hänge strecken sich steil und waldig in den Himmel, es herrscht absolute Ruhe. Das Wehr in Falken nehmen wir inzwischen routiniert und ohne Probleme. Der Campingplatz in Altenburschla ist rustikal gehalten und versprüht ein Feeling alá Woodstock. Im nahen Restaurant lässt es delikat speisen.

Venedig in Mitteldeutschland

Schon beim Aufstehen an Tag sechs freuen wir uns riesig auf die Ortsdurchfahrt von Eschwege. Und unsere Erwartungen werden nicht enttäuscht: Mit den bis an die Wasserkante gebauten hohen Gebäuden kommt schnell Venedig-Feeling auf. An Schleuse, die wir per Kurbel selbst bedienen, geht es abwärts und wir halten Kurs auf Bad Sooden-Allendorf. Auch hier geht es urig zu, die Werra plätschert mitten durch den Kur-Erholungsort, bis die nächste SB-Schleuse uns zum Aussteigen zwingt. Nach rund zwei Kilometern erreichen wir die Camping-Oase Wahlhausen, einen Platz mit tollen Sanitäranlagen, schönem Zeltplatz und angeschlossenem Restaurant. Einmal die Manta-Platte, bitte!

Endspurt bis zum Weserstein

Unsere vorletzte Tagestour nach Witzenhausen entpuppt sich als Witz. Die Strömung zieht uns so schnell voran, dass wir die 17 Kilometer in unter drei Stunden zurücklegen, ohne viel dafür tun zu müssen. Problemlos hätten wir diese Distanz mit den 23 Kilometern des Folgetages kombinieren können, doch der Platz ist reserviert und so bleibt Zeit für einen ausgiebigen Stadtbummel. Den runden Abschluss bildet die Ortsdurchfahrt von Hann. Münden und die Umrundung des Wesersteins, ehe wir nach 300 Metern auf der Fulda am Campingplatz Tanzwerder noch einmal die Zelte aufschlagen, um am nächsten Morgen entspannt die Heimreise anzutreten.

Karten und Informationen zur Werra

Besonders hilfreich ist die Ausgabe von "Kanu Kompakt", wem eine gute Karte genügt, sei das Exemplar von Jübbermann ans Herz gelegt.


Kali-Salzberg bei Bad Salzungen - die Qualität des Wasser hat hier nichts mit einem Bad zu tun

Hinter dem Wehr Steinmühle bei Wommen - das vorherige Umtragen war kein Freudenspiel

Die historische Steinbogenbrücke in Creuzburg, die aus dem 13. Jahrhundert stammt

Grandioser Ausblick: Vor Bad Sooden-Allendorf strecken sich 500 Meter hohe Gipfel gen Himmel

Ortsdurchfahrt durch das gemütliche Bad Sooden-Allendorf

Camping-Oase Wahlhausen - welch ein vortrefflicher Name für diesen Platz mit schöner Zeltwiese

Vom Campingplatz Tanzwerder in Hann Münden ist die Innenstadt in direkter Sichtweite

Am Ziel: Der Weserstein in Hann. Münden kennzeichnet das Ende der Werra-Tour