Havel

"Seensuchtsort" Nationalpark Müritz. In dieser Region sind Paddlern keine Grenzen gesetzt. Hierher kann man immer wieder kommen und trotzdem immer wieder etwas Neues entdecken. Ein absolutes Muss für jeden Kanuten ist die Befahrung der Havel samt ihrer Quellseen ab Kratzeburg. Hier entspringt der 344 Kilometer lange Fluss, der sich anfangs sehr naturnah und idyllisch von See zu See windet. Trotz des Ausbaus zur Wasserstraße hat die Havel dank der zahlreichen Seen und Schleusen  ein beachtliches Speichervermögen und hält den Wasserstand auch bei längeren Trockenperioden.


Streckenlänge: 96 Kilometer
Schwierigkeitsgrad: Leicht 

Spritzige Begrüßung

Rund um Kratzeburg entspringt die Havel aus etlichen kleinen Seen. Der Startschuss für eine Paddeltour fällt in Kratzeburg (Mecklenburg-Vorpommern), das sich selbst passend das "Portal der Havelquellregion" nennt. Am Käbelblicksee laden wir die Boote ab, lassen das Auto auf dem kostenfreien Parkplatz nahe des Sees stehen (10 min. Fußweg zum Bahnhof) und tauchen ein in unseren viertägigen Trip, auf dem uns fast genauso viele Fischadler wie Hausboote begegnen werden. Auf dem See erleben wir direkt unsere "Feuertaufe", denn auf dem so idyllisch wirkenden Gewässer hat der mäßige Wind dennoch einige anspruchsvolle Wellen für uns parat. 

Still ruht der Fluss

Am südwestlichen Ufer signalisiert eine grüne Boje die Einfahrt ins Paradies, äh, in die Havel. Der Fluss ist hier etwa sechs Meter breit und bis auf unsere Paddelschläge hört man abgesehen von einigen Vögeln nichts. Schon kurze Zeit später machen wir eine kurze Stippvisite auf dem Granziner See, folgen aber weiter der Havel. Auch den Schulzensee überqueren wir flott, ehe wir vom Wasser auf Schienen wechseln müssen. Die 500 Meter lange Umtragungsstrecke kann per Lohrenbahn zurückgelegt werden, alternativ kann auch der eigene Bootswagen genutzt werden.

Uriges Campen beim Fischer 

Wir überqueren den Pagelsee und unterqueren die alte Holzbrücke nahe Krienke. Die Havel trägt uns weiter zum Zotzensee und anschließend zum Fischer in Babke. Eine Lohrenbahn kann zum Umtragen genutzt werden, aber wir stoppen hier für heute. Auf der kleinen Landzunge, rechts von uns links plätschert die angestaute Havel dahin, schlagen wir die Zelte auf. Beim Fischer gibt es Sanitäranlagen, abends und morgens etwas zu Essen und zu Trinken. Abends schauen auf dem Fischer-Hof Rehe vorbei, um ebenfalls ihren Durst zu stillen. Und am Himmel kreischt ein Fischadler. Spätestens der maue Handyempfang signalisiert: Willkommen in der Natur.

Abschied vom Paradies 

Auf den ersten Metern hinter Babke schlängeln wir uns durch das dichte Schilf, entgegenkommende Paddler lassen sich kaum erkennen. Zum Glück sind wir Mitte Juni unterwegs und der Trubel hält sich in Grenzen. Nach der Überquerung des Jäthensees genießen wir die Ortsdurchfahrt durch Blankenförde, wo einige Häuser und Bootsschuppen direkt ans Ufer ragen, ohne jedoch die Idylle zu stören. Es folgt der Görtowsee, dann der Zierzsee, ehe wir auf den Useriner See kommen. Mit über drei Kilometern Länge zieht sich seine Überquerung etwas hin, wir nehmen Kurs auf das südwestliche Ende und verlassen per Lohrenbahn, vorbei an der Schleuse, das Paddel-Paradies; denn ab dem folgenden See ist der Motorverkehr erlaubt.

Es knattern die Boote am stillen Bach 

Der Große Labussee begrüßt uns mit sachten Wellen und den ersten Sportbooten, die mit ihren kleinen Motoren dahinknattern. Wir folgen der Havel, deren Ufer ab hier meist mit Holzpfählen versehen wurden, um dem Schiffsverkehr die nötige Wassertiefe zu sichern. Mehrere Kilometer später erstreckt sich vor uns der Woblitzsee. Aus vorherigen Touren wissen wir: Unerfahrene Kanuten sollten sich hier besser in Ufernähe im Windschatten der Wälder fortbewegen, denn bereits ein lockerer Windzug lässt die Wellen steigen. An diesem Tag haben wir Glück und die Überfahrt wird von den kleinen Wellen kaum gestört.

Frischgezapftes & Fischbrötchen 

Wesenberg lassen wir rechts liegen und lassen uns das erste Mal auf dieser Tour schleusen, neben Yachten und Hausbooten kommen wir uns in der Schleuse zwar vor wie kleine Nussschalen, aber der nette Schleusenwärter hat mit seinem Argusauge alles genauestens im Blick und wir können ohne viel Anstrengung flussabwärts gen Ahrensberg paddeln. Unterwegs passieren wir die Einmündung der Schwanhavel - wer Zeit hat, sollte diese bei gutem Wasserstand unbedingt unter den Kiel nehmen. Direkt vor der überdachten Ahrensburger Brücke halten wir für einen kurzen Imbiss beim Fischer. Neben den Kajaks sitzend genießen wir Fischbrötchen und Frischgezapftes.

Baden am Baum 

Der Charakter der Havel bleibt unverändert. Finowsee, Havel, Wagnitzsee, Havel, Kleiner sowie Großer Priepertsee, Havel, Ellbogensee. Zwar ist hier an schönen Tagen mächtig was los, etliche Sport- und Hausboote tuckern hin und her, dennoch genießen wir jeden zurückgelegten Meter. Am Zipfel des südlichen Ellbbogensees ragt ein umgefallener Baum ins seichte Wasser, hier pausieren wir und nehmen ein herrliches Bad. Erfrischt überqueren wir anschließend den Ziernsee sowie den Menowsee, ehe wir am Biwakplatz Steinförde erneut unser Lager aufschlagen. Für drei Euro wird hier einem zwar keine Dusche und lediglich ein Trockenklo geboten, aber der Platz ist immer gemäht, bietet eine Feuerstelle und mehrere Unterstände und der nette Platzwart bringt sogar noch einen Kanister mit Trinkwasser vorbei.

Ostdeutsche Ruinen

Nur wenige Kilometer hinter Steinförde taucht die nächste Schleuse auf. Beeindruckender ist jedoch die alte Steinhavel-Mühle, mehrere große Gebäude, die offenbar seit der Wende keine Verwendung mehr haben und sich selbst überlassen wurden. Wir erleben ein Kontrastprogramm: Am Röblinsee vor Fürstenberg zieren fürstliche Villen das südliche Ufer, während uns ein Mahnmal der Hässlichkeit den Weg weist. Jahrzehntelang dem Verfall preisgegeben, alle anderen Gebäude im Seenland überragend, steht das ehemalige Kraftfuttermischwerk an der Einfahrt nach Fürstenberg.  

Auf Borsten in die Priesterhavel

Unter der Bahntrasse hindurch tauchen wir ein in die Wasserstadt Fürstenberg, biegen nach wenigen Hundert Metern in die Gänsehavel ein. Ein Hauch von Venedig weht uns um die Ohren, ehe wir eine spaßige Abwechslung erfahren: Der Kanu-Fischpass, eine Bootsrutsche auf Borsten, befördert uns unter der Straße  und einem Haus hindurch in die Priesterhavel. Dieses Bauwerk gilt als eines der teuersten Investitionen der Stadt seit der Wende. 

Mahnmal am anderen Ufer

Wir paddeln die Priesterhavel entlang, die dann zur Schulhavel wird. Klein und flach plätschert sie dahin, ehe sie schließlich am Stadtanleger in den Schwedtsee mündet. Auf der anderen Seeseite erstreckt sich die Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, ein ehemaliges Konzentrationslager des Naziregimes. Hier ließ die SS 1939 das größte deutsche Frauen-Konzentrationslager errichten. Wir lassen den See hinter uns und folgen der Havel, passieren die alte Eisenbahnfähre und überqueren anschließend den Stolpsee.

Zelten am Ziegenhof

Zwei Schleusen gilt es noch zu nehmen: In Bredereiche, wo ein Hebetor in die Höhe fährt und den Weg ins Schleusenbecken frei gibt - und in Regow, die ebenfalls als Selbstbedienungs-Schleuse fungiert. Ein Hebel muss gedreht werden, wenig später kann geschleust werden. Nur wenige Hundert Meter später landen wir am Wasserwanderrastplatz an, nicht weit von einem großen Ziegenhof entfernt. Abends hören wir die Rufe des Landwirts, der eine große Herde Ziegen von der Weide gen Hof treibt. 

Bei Ausstieg Explosion

Die folgenden Kilometer herrscht am östlichen Havel-Ufer strenges Anlandungsverbot: Ein alter Truppenübungsplatz erstreckt sich bis zur Schleuse zu unserer linken Hand, Munitionsreste und andere Dinge sollen dort noch im Wald liegen. Wir nehmen die Schleuse Zaaren und wenige Kilometer später folgen wir hinter der Schleuse Schorfheide der Havel - wer links abbiegt, kommt nach Templin. An der Schleuse Mariental verlassen wir die Havel und nehmen Kurs auf Dannenwalde, überqueren dabei den sechs Kilometer langen Großen Wentowsee. Am Campingplatz Seilershof landen wir am Sandstrand an und beenden unsere viertägige Tour. Der Bahnhof ist fußläufig in zehn Minuten erreichbar, hier fährt im Zweistundentakt der Regionalexpress bis nach Kratzeburg (Fahrzeit etwa 40 min.).

Karten und Informationen zur Havel

Gutes Kartenmaterial bietet der Tourenatlas von Jübbermann. Darüber hinaus gibt es bei flussinfo.net jede Menge Informationen und aktuelle Hinweise zur Tour.


Idylle am Kanuverleih im Naturschutzpark bei Granzin

Alte Holzbrücke bei Krienke

Die Lohrenbahn an der Useriner Schleuse

Eng an eng: Schleusen bei Wesenberg

Den Biwaplatz Steinförde passieren regelmäßig Yachten 

Villa bei Steinförde

Steinhavel-Mühe bei Steinförde

Schulhavel in Fürstenberg

Mündung der Schulhavel in den Schwedtsee in Fürstenberg

Blick über den Schwedtsee auf das ehemalige KZ Ravensbrück

Schleuse Bredereiche mit Hebetor

Schleuse Marienthal

Auf dem Wentowsee